Wie es sein könnte...
- Nicolas Sebastian
- 29. Nov. 2021
- 4 Min. Lesezeit

Im Rahmen einer Veranstaltung der Uni, sollte ein Zeitungsartikel geschrieben werden, welcher im Jahr 2040 berichtet. Er soll die aktuelle Lage und Entwicklung der Architektur im Zusammenhang mit der aktuellen Corona-Pandemie thematisieren.
Ich habe mich für einen etwas düsteren Blickwinkel entschieden und hoffe wirklich, dass es nicht so kommen wird.
Viel Spaß beim Lesen:
Infizierte Architektur
Wir schreiben das Jahr 2020, es ist ein schöner Montagnachmittag, dies ist der letzte Tag bevor die deutsche Bevölkerung zum ersten Mal in einen Lockdown geschickt wird. Das Corona-Virus hat sich innerhalb weniger Wochen zu einer epidemischen Lage entwickelt. Der erste gemeldete Fall trat am 27. Januar 2020 auf und seit dem sind die Fallzahlen rasant gestiegen, mit ihnen auch die Todesfälle. Die damalige Bundesregierung hat keinen anderen Ausweg gesehen, als den harten Lockdown zu beschließen.
Montag, 16. März 2020
Alle Bürger stürmen ein letztes Mal in die Geschäfte. Nudeln, Toilettenpapier und Konserven werden in Massen gekauft. Die Supermärkte müssen rationierte Einkaufsmengen einführen und kommen mit dem Auffüllen der Regale nicht hinterher. Schnell sind zahlreiche Produkte ausverkauft. Angst macht sich in der Bevölkerung breit. Die Angst vor dem bevorstehenden Lockdown und dem unbekannten Virus.
Dienstag, 17. März 2020 8:00 Uhr
Die Straßen in Deutschland sind leer. Da, wo sich vor Corona die Autos stauten, jeder lauter als der andere Hupen konnte und ohne ende gedrängelt wurde, war es plötzlich leer. Kein Auto, kein Fußgänger nichts und niemand hielt sich draußen auf. Alle heilsten sich in ihren Wohnungen auf.
Die mittlerweile zum alljährlich wiederkehrende Ritual gewordene Maßnahme, war damals noch eine, die nur ein bis maximal zweimal angewendet werden müsse. Danach würde alles wieder beim alten sein, so die Hoffnung damals.
Dieses Jahr jährte sich die Corona-Pandemie in Deutschland zum 21. Male. Eine schnelle Rückkehr zum sogenannten Vor-Covid Zustand ist weiterhin nicht in Reichweite. Die Infektionszahlen sind gleichbleibend hoch, doch die Stimmung der Bevölkerung ist hitziger denn je. Alle sechs Monate eine Booster-Impfung, die gleichbleibende Querdenkerdiskussion und das untätige beobachten und scheitern der Bundesregierung gehören zum Alltag. Ganz zu schweigen von FFP-2 Masken, Abstand und wiederkehrende soziale Isolation. Seit Beginn der Pandemie sind in Deutschland bereits mehr als 18 Mio. Menschen an den Folgen einer Corona-Erkrankung gestorben, Tendenz weiterhin steigend. Die deutsche Bevölkerung hat sich nahezu um ein viertel der damaligen Bevölkerung verkleinert. Nicht nur sterben zahlreiche, sondern viele Wandern in andere Länder aus, da dort die Bedingungen deutlich besser zu sein scheinen.
In den vergangenen 20 Jahren haben wir in Deutschland und auch auf der ganzen Welt eine enorme Veränderung erlebt. Nichts ist mehr wie es vor Covid noch war.
Architektur passt sich an aktuelle Situationen an, denn es sind auch nur Menschen wie wir alle, die Architektur schaffen. Auch sie erleben die Pandemie mit all ihren Einschränkungen und Hindernissen. Architektur entwickelt sich immer unter den Einflüssen des aktuellen Lebens. Die Nachfrage hat sich drastisch verändert. Unsere Städte sind nicht mehr so gedrungen, der persönliche Freiraum und der Sicherheitsabstand zum nächsten Covidgegner wird von den Passanten einer Innenstadt eingefordert. Der Stellenwert der Gebäudetechnologie ist in den vergangenen 20 Jahren enorm gestiegen. Ohne Lüftungs-, Filter- und Reinigungsanlagen ist ein Gebäude heute nicht mehr Tragbar.
Krankenhäuser wie wir sie heute kennen, gab es vor 20 Jahren so noch nicht. Heutzutage unterscheidet man zwischen Infektions-Hospitalen und „normalen“ Hospitalen. Die Infektions-Hospitale sind spezielle Isolierstationen welche ausschließlich Infektions-Patienten behandeln. Alles ist darauf ausgelegt, so wenig Patientenkontakt wie möglich zu generieren. Manch eine Arbeit wird sogar mittels eines Roboters ausgeführt. Menschen die Beispielsweise an Corona oder anderen hochinfektiösen Krankheiten erkranken, gelangen in ein industriell angehauchtes und hoch optimiertes Behandlungssystem mit möglichst wenig Ansteckungspotenzial.
Aber nicht nur die Infektions-Hospitale sind neu, auch in den „normalen“ Hospitalen hat sich einiges Verändert im Vergleich zur vor-Covid Zeit. Mehrbettzimmer gibt es nicht mehr, jeder eingehende Patient, Besucher oder Angestellte wird umgehend auf alle gängigen Infektionskrankheiten geprüft und auch der aktuelle Impfstatus wird kontrolliert. Völlig neue Krankenhausbauten sind aus diesem Konzept entstanden.
Der wichtigste Ort für uns alle ist, seit nunmehr als zwei Jahrzehnten, unser Zuhause. Wir verbringen so viel Zeit wie nie in unseren eigenen vier Wänden. Das Homeoffice ist zu einem festen Bestandteil unseres Alltags geworden und unsere zuhause haben sich verändert und angepasst, mit ihnen auch die Viertel und Städte in denen wir wohnen.
Unsere Wohnung hat sich verändert. Heute sind Maisonett-Wohnung nicht mehr Luxus sondern das neue Normal. Sie ermöglichen eine ideale Trennung zwischen Freizeit und Arbeit indem jeweils ein Geschoss je Nutzung vorgesehen wird.
Das Wohngeschoss ist im Regelfall das größere Geschoss und bietet neben einer großzügigen Terrasse ausreichend Platz für unterschiedliche Familiengrößen. Das Treffen zuhause und mit den engsten Freunden ist wichtig geworden. Man feiert eher zuhause als außerhalb und man bleibt lieber im kleinen Kreis als sich mit Unmengen an Menschen zu treffen. Ein offenes Raumkonzept unterstützt das Zusammenkommen im Wohngeschoss. Dennoch bieten die privaten Schlafräume eine Möglichkeit des Rückzugs.
Das Arbeitsgeschoss kann über ruhige Bereiche für die Kinder zum lernen und Büroflächen zum arbeiten verfügen. Auch dieses Geschoss ist flexibel Nutzbar und passt sich an die Bedürfnisse des jeweiligen Nutzers an.
Zudem haben neue Energiestandards an Bedeutung gewonnen.
Aufgrund der gesunkenen Bevölkerungszahl ist es möglich offener und weitläufiger zu bauen. Dank dieser Entwicklung konnten zahlreiche Flächen entsiegelt werden, der Wohnraummangel hat sich in Luft aufgelöst, neue Flächen für Quartiersgemeinschaften und Familien sind entstanden und wir haben eine gleichmäßige Siedlungsentwicklung erreicht, auch im ländlichen Raum. In Folge dessen hat sich die psychische und auch körperliche Gesundheit der Bevölkerung deutlich verbessert.
Die für das Jahr 2042 angesetzte Impfpflicht wird dann die erneuten Infektionswellen unter umgeimpften verhindern und das unkontrollierte Treiben der Pandemie hoffentlich bändigen. Nicht desto trotz bleibt uns die Veränderung der langjährigen Pandemie erhalten. Die hat einiges zerstört aber auch neue Schwerpunkte im Leben der deutschen Bürger geschaffen. Das Miteinander ist bewusster geworden und dennoch distanzierter.
Auch in Zukunft wird uns die Architektur bei der Bewältigung von Krisen unterstützen und uns eine Richtung weisen.
Sag mir doch, wie du ihn fandest.
Comments